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Nepalreise vom 2. bis 24.10.24



Nach einem langen Flug kamen wir in den frühen Morgenstunden des 3. Oktober an, alle waren ein wenig nervös, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Nepal – was erwartete uns hier? Wie konnte man sich ein
Entwicklungsland vorstellen? Was bedeutete Armut? Würden wir das Essen genießen können oder wenigstens vertragen? Würden wir die Folgen der verheerenden Flut zu spüren bekommen?
Nach zwei Tagen in Kathmandu waren einige Fragen geklärt. Wir waren eingetaucht in die Kultur des Landes, hatten uns mit den Göttern des Hinduismus und den Gedanken des Buddhismus beschäftigt, hatten Menschen bemerkt, die so lebten wie wir, hatten Bettler beobachtet und Menschen,
die mit stoischer Hoffnung und gleichzeitig verzweifelt Souvenirs für wenige Rupien zu verkaufen versuchten. Das Essen war lecker. Der Bagmati war in sein Bett zurückgekehrt, am Ufer wurde der angespülte Müll weggeräumt. Eine Flut – kein Grund innezuhalten, das Leben ging sich weiter.
Am dritten Tag machten wir uns mit gepackten Rucksäcken auf den Weg zu weiteren Abenteuern, während eines Briefings hatten wir darüber gesprochen, wie wir uns vor Regen, Kälte, Erschöpfung und Höhenkrankheit schützen konnten. Abends hatten wir gepackt, alles Notwendige musste im Rucksack sein, aber kein Gramm zu viel. Lange wurde diskutiert, ob dies oder jenes Kleidungsstück nun notwendig war. Die Busfahrt allerdings sollte eine unserer großen Herausforderungen werden. Als wir die Stadt verließen, war uns ein Blick auf die Häuser der ärmsten der Armen gewährt. Slums. Ein trauriger Anblick und das Wissen, dass die meisten Flutopfer hier gelebt hatten. Kaum hatten wir die Stadt verlassen, begann eine wilde Fahrt über notdürftig geflickte Pisten. Man musste sich gut festhalten und manches
Mal die Augen besser schließen. Im Dunkeln erreichte wir Dre, den Ausgangspunkt der Trekkingtour, und erst am Morgen konnten wir erkennen, wo wir waren. Hier sah Nepal anders aus, viele Frauen trugen die
traditionelle Tracht der Tamang, die Häuser waren schlicht, das Essen war einfacher.
Der erste Trekkingtag wurde uns als “easy” beschrieben, aber die meisten litten schwer. Die Beine wollten einfach nicht höher steigen, die Rucksäcke waren viel zu schwer. Abends im Bett hat bestimmt mancher
darüber nachgedacht, wie das weitergehen sollte. Es ging weiter und es ging Tag für Tag besser. Wir gewöhnten uns daran, immer einen Fuß vor den anderen zu setzen, zu schwatzen oder ruhig die
Landschaft zu betrachten und über uns und das Leben nachzudenken. Während wir dem Tamang Heritage Trail folgten, konnten wir Bauern und Handwerker bei der Arbeit beobachten. besonders in Erinnerung bleiben uns die Frauen, die traditionelle Stoffe webten, eine Explosion der Farben.
Zum Abschluss ein richtiger Anstieg, Gosaikunda, der heilige See, in dem sich Shiva ausruht, wenn er den Menschen zu viel Böses abgenommen hat. Ob er da sein würde? 4350 Höhenmeter – eine gigantische Zahl. Wir hatten drei Tage Zeit, um den See zu erreichen. Am frühen Morgen, so gegen halb fünf, machten wir uns zum letzten Aufstieg bereit. Es ging langsam voran, die Luft war dünn und wir drehten uns immer wieder um, um den Sonnenaufgang und die Bergzüge zu betrachten. Da tauchten einige Achttausender auf. Frühstück gab es oben am See. Alle waren irgendwie ergriffen, es war ein magischer Moment.
Waren wir einfach nur stolz, gemeinsam so weit oben angekommen zu sein oder hatte uns dieser heilige Ort verzaubert? Wir hatten es geschafft! Wir hatten begriffen, dass wir mehr können, als
wir denken. Das wir stark sind. Wir hatten Snacks und Traubenzucker geteilt, uns gegenseitig geholfen und Mut gemacht, niemand war unter Druck geraten oder hatte sich schwach gefühlt, zumindest nicht abends, wenn wir angekommen waren.
Nun ging es zurück ins Tal. Nach 10 Tagen verließen wir die Berge, fuhren zurück nach Kathmandu um umzupacken und machten uns auf den Weg nach Gati, unserer Partnerdorf. Neben der Freude darauf, nun endlich zu sehen, worüber immer wieder geredet wurde, zu sehen, wofür wir den Nepallauf, all die Basare,
Caterings, … durchführen, waren da natürlich auch ein paar bange Gedanken. Man würde in Gastfamilien wohnen, es war von großen Spinnen die Rede, würde man sich mit den Kindern gut verständigen können?
Nach einem steilen Anstieg und einem lautstarken (Blasmusik) und in seiner Herzlichkeit unvorstellbaren Empfang waren alle Ängste vertrieben. Wir waren bei Freunden angekommen. Vor uns lagen fünf Tage,
in denen vor allem unsere Freundschaft gefeiert wurde. Vielleicht hätten wir lieber angepackt, irgendetwas gestaltet oder gepflegt, aber das war nicht unsere Aufgabe. Wir waren Gäste und entsprechend der nepalesischen Kultur wurde uns ein Dach über dem Kopf gegeben, wir wurden beschützt und verwöhnt. Stolz zeigten uns die Kinder ihr Dorf. Ein wichtiger Empfang fand im
Kindergarten statt, mit Hilfe von Liedern und Tänzen zeigten uns die Kinder, was sie gelernt hatten. Die Kindergärtnerinnen erklärten die Ideen der Montessouri-Pädagogik und wir waren uns einig, das diese Form der Arbeit im Kindergarten ein großer Erfolg ist und in der Schule weitergeführt werden sollte. Dazu muss es Weiterbildungen für die Lehrer geben, Material muss gekauft werden – Ideen für den nächsten Arbeitsplan? Der Höhepunkt unseres Besuchs war das Schulfest. Die Lehrer und Kinder hatten ein anspruchsvolles Kulturprogramm vorbereitet. Da konnten wir nicht mithalten, aber wir gaben uns Mühe. Deutsche und nepalesische Schüler bereiteten gemeinsam Speisen zu, Momos und arme Ritter, die
zugunsten der Schule verkauft wurden. Politiker waren angereist, um sich für unsere Unterstützung zu bedanken, um Reden zu halten, und auch wir sprachen aus, was wir uns wünschen – mehr Unterstützung bei der Finanzierung der Lehrergehälter und eine Ausweitung des Montessouri-Angebots.
Noch einmal machten wir uns auf einen langen Weg, wir versuchten alle Schulen zu besuchen, die in unserem Projektgebiet liegen. Zuerst ging es bergauf nach Mandra, wo wir die Schule und den Kindergarten unterstützen. Auch hier wurden wir herzlich begrüßt, anschließend führte uns der Weg nach Sotang, wo wir feststellen mussten, dass es in der Schule viele Probleme gibt. Es ist eine kleine Grundschule und der Weg nach Mandra ist nicht lang. Lohnte es sich noch, in diese Schule zu
finanzieren? Sollte man gerade hier, wo es Probleme gab, unterstützen? Große Fragen, die nicht endgültig beantwortet sind. Auf dem Rückweg besuchten wir unsere Projektpartner in Dandakateri. Lehrer, Eltern und Schüler aus Buchen, unserer Partnerschule, waren gerade zu Besuch. Ein kleiner Teil unserer Gruppe war mit dem Jeep unterwegs, sie besuchten die Schulen in Singarche, Kasheri und Sakhuwa und waren überwältigt vom herzlichen Empfang, aber auch vom Enthusiasmus, mit dem Schüler, Eltern und Lehrer arbeiteten. Auch wenn wir erst im Dunkeln und erschöpft wieder ankamen, musste gefeiert werden. Zwanzig Jahre Partnerschaft – da war sogar eine Torte für das ganze Dorf gebacken worden.
Gemeinsam mit den Schülern in Gati haben wir ein Projekt durchgeführt, kurze Präsentationen über unseren sehr verschiedenen Alltag. Während wir gemeinsam an englischen Sätzen und Präsentationstechniken feilten, gelang es uns auch immer besser zu vertstehen, wie man in Nepal lebt.
Gemeinsam liefen wir durchs Dorf und interviewten und fotografierten Lieblingsorte, Omas, Brüder und Haustiere. Viele Gedanken schwebten um das Kaffeeprojekt der Schule. Die Bäume sind herangewachsen und tragen gut. Wie kann man die Ernte organisieren, wer übernimmt die ersten Verarbeitungsschritte, wie gelangt der Kaffee zur Händlerin? Kaffee kann ein wichtiger Beitrag dazu sein, dass die Kali Devi Secondary School eines Tages auf eigenen Beinen steht, aber er erfordert auch viel Sorgfalt und Pflege. Wird es gelingen? Nicht nur freudvolle Gespräche bestimmten die Zeit. Eine große Sorge ist, dass viele, sehr viele junge Menschen Nepal verlassen, um irgendwo auf der Welt Geld zu verdienen. Sie alle schicken Geld nach Hause zu ihren Familien, sie alle sind aber auch nicht da. Viele Kinder leben bei
ihren Großeltern. Für ein Tourismusprojekt fehlen junge Menschen, die mit anpacken. Haben wir nicht ähnliche Probleme im ländlichen Raum? Ist dies einfach eine ganz normale Entwicklung, die sich harmonisieren wird? Wie wird sich Gati weiterentwickeln? Fragen wie diese diskutierten wir
während unserer allabendlichen Reflexionen mit unseren Projektpartnern. Kopf und Herz voller schöner Erinnerungen verließen wir Gati in Richtung Kathmandu.
Nun mussten wir uns noch einmal verabschieden, von Nima Tshering Lama, dem nepalesischen Projektkoordinator, der uns die ganze Zeit begleitet hatte, unser Guide, unser Lehrmeister und unser großer Bruder war.
Danke an socialtours, unser Reisebüro, unsere Partner im Projekt.
Bis zum nächsten Jahr.

Mehr Informationen zur Arbeit der Schülerfirma und den Projekten in
Nepal finden Sie unter: www.nepalfreiberg.de .